Die Klosterruine erwacht zu neuem Leben
Artikel von Wilhelm Meyer - Oeffentlicher Anzeiger 5.5.2024
Das Kloster Disibodenberg ist jetzt auch virtuell erlebbar – so wie es im Mittelalter wirklich war. „Inwertsetzung des Hildegard-von-Bingen-Pilgerwanderwegs“ ist das Projekt benannt, bei dem die AR-Visualisierung (Augmented Reality – etwa erweiterte Realität) der Klosterruine umgesetzt wurde. Das haben Landrätin Bettina Dickes und Katja Hilt, Geschäftsführerin der Naheland-Touristik, am Donnerstag auf dem Disibodenberg offiziell vorgestellt.
„Lasst uns gemeinsam einen Blick in unsere Welt werfen“, begrüßt Schwester Hildegard virtuell die heutigen Besucher der Klosterruine Disibodenberg, und Bruder Johannes hat einige faszinierende Geschichten parat. Auf eigenem Tablet, Laptop oder Smartphone kann man sich ohne besonderen App-Download von Hildegard, der Nonne, und dem Mönch Johannes durch die ehemalige Klosteranlage führen lassen und Hildegards Zuhause wie vor 900 Jahren erleben. Das geht per QR-Code. Eine zusätzliche Schilderflut wird auf diese Weise vermieden.
Wer in der noch heute imposanten Klosterruine Disibodenberg steht, kann ahnen, welch prächtiger Bau es einst gewesen sein muss. Wie es damals auf dem Berg über Odernheim ausgesehen haben dürfte, können die Besucher jetzt auf dem Bildschirm erleben und zugleich mit den vorhandenen Spuren der Ruinen vergleichen. Sieben Stationen gewähren Einblick in Kernpunkte des alten Klosters. Von der Pforte mit Blick auf die Nikolausbasilika geht es ins Innere des mächtigen Gebäudes, weiter zum Hospiz, dem Kreuzgang, dem Kapitelsaal und schließlich der Frauenklause von außen und innen. Faszinierend ist vor allem der jeweils mögliche Rundumblick, als ob man sich vor Ort um die eigene Achse dreht.
Als Vorschau könne man das Kloster schon zu Hause auf www.hildegardweg.eu erleben, berichtet Hilt. Richtig spannend werde es jedoch erst vor Ort auf dem Berg selbst. Zu den jeweiligen Orten ist passender Ton unterlegt, bei der Frauenklause beispielsweise das Knistern des Kaminfeuers, das Läuten der Glocken, Mönchsgesang, aber auch Vogelstimmen. Gezeigt wird das fertige Kloster. Zu Hildegards Zeit war nach ihrer eigenen Aussage Baulärm das dominante Geräusch. Technisch umgesetzt wurde das Projekt von dem Unternehmen Archaeologica, in dem auch Wissenschaftler und Historiker arbeiten. Die Gesamtkosten beliefen sich auf rund 50 000 Euro, 70 Prozent davon werden durch ein Leader-Projekt gefördert.
Zu einer Vergegenwärtigung des früheren Lebens auf dem Disibodenberg ist ein Gang durch das Museum unerlässlich. Wertvolle Fundstücke, etwa die in feinster Bildhauerkunst gearbeiteten Gewölbeschlusssteine, zeigen, mit welcher Kunstfertigkeit die Details des Klosters gearbeitet waren. Eine entscheidende Lücke in der Präsentation sei somit geschlossen, erinnert Luise von Racknitz an das Bemühen ihrer Eltern, ein Modell des ehemaligen Klosters für das Museum zu erhalten. Nun ist es da. wim
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